Aktuelles

Vorratsdatenspeicherung – Stehen alle Menschen unter Generalverdacht?

Foto (Header): © Zerbor – stock.adobe.com

Die Vorratsdatenspeicherung beschäftigte in den letzten Jahren immer wieder Politiker, Datenschützer, die Bevölkerung und die nationalen und europäischen Gerichte. Im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung geht es um die vorsorgliche Speicherung personenbezogener Daten der gesamten Bevölkerung, ohne dass es einen konkreten Anlass dafür gibt.

Die Definition

Die Vorratsdatenspeicherung ist die dauerhafte Speicherung und Erhebung von Kommunikationsdaten der Bürgerinnen und Bürger, auch wenn hierfür keine Veranlassung zur Speicherung besteht. Die Telekommunikationsdienstleister sind dazu verpflichtet, personenbezogene Daten über mehrere Wochen zu speichern. Standortdaten müssen beispielsweise für zehn Wochen beim Provider gespeichert werden.

Gegenstand der Vorratsdatenspeicherung sind allerdings nicht nur Daten aus Aktivitäten im Internet, sondern auch Daten aus Telefonaten, SMS, WhatsApp-Nachrichten oder die Kommunikation über ähnliche Nachrichtendienste.

Ohne expliziten Grund sind diese personenbezogenen Daten nicht einsehbar und unterliegen damit auch weiterhin dem Datenschutz. Lediglich zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Gefahrenabwehr darf auf die Daten von den öffentlichen Stellen wie Polizei, Ordnungsbehörden, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft und Bundesnachrichtendienst zugegriffen werden.

Was genau wird gespeichert?

  • SMS/MMS- Nachrichten: Rufnummern, Sende- und Empfangszeiten, Speicherung der gesendeten Inhalte
  • IP-Adressen: inklusive Dauer und Zeitpunkt der Nutzung
  • Telefonate: Rufnummern, Zeitpunkt und Dauer des Gesprächs
  • Standortdaten: bei Nutzung mobiler Daten (ausgenommen sind hier die aufgerufenen Internetseiten) und Aufnahme eines Telefonats

Grundsätzlich geht es um die Daten, die wiedergeben, wann Sie mit wem von wo aus und in welcher Form Kontakt haben.

Wie lange dürfen die Daten gespeichert werden?

Die Speicherdauer ist abhängig von den gespeicherten Daten. Standortdaten müssen unabhängig davon, ob sie durch die Nutzung mobiler Daten oder einem Telefonat entstanden sind, für vier Wochen gespeichert werden. Alle anderen Daten müssen insgesamt zehn Wochen lang hinterlegt werden.

Nach Ablauf der Fristen müssen alle Daten von den Providern sicher gelöscht werden.

Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung?

Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde das erste Mal bereits 2007 verabschiedet und trat 2008 in Kraft. Aufgrund von zahlreichen Klagen wurde es allerdings bereits 2010 für verfassungswidrig erklärt.

2015 wurde dann ein neues Vorratsdatenspeicherungsgesetz verabschiedet, das noch im selben Jahr in Kraft trat. Alle Provider sollten ab 01. Juli 2017 alle Vorratsdaten speichern. Am 28. Juni 2017 wurde die Vorratsdatenspeicherung von der Bundesnetzagentur jedoch bis auf Weiteres ausgesetzt.

Stand Ende 2022 gibt es nach wie vor kein eigenes Gesetz zur Vorratsdatensicherung. Andere Gesetze wurden dementsprechend angepasst, wodurch die Vorratsdatensicherung als Ermittlungsinstrument verankert wurde. Außerdem entschied der EuGH im September 2022, dass die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland in ihrer jetzigen Form nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

Wann darf auf die Daten zugegriffen werden?

Die öffentlichen Stellen dürfen nur dann auf die gespeicherten Daten zugreifen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass eine Person als Täter oder Beteiligter in eine Straftat involviert ist. Meist wird außerdem eine richterliche Anforderung benötigt.

Folgende Beispiele begründen u. a. den Zugriff auf die Daten:

  • Mord und Totschlag
  • Erpressung und Raub
  • Sexueller Missbrauch von Kindern
  • Völkermord
  • schwere Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkotrollgesetz
  • schwere Fälle von Steuerhinterziehung
  • Staatsgefährdende Straftaten
  • Hoch und Landesverrat

Quellen:

Vorratsdatenspeicherung (datenschutz.org)

BFDI: Historie zur Vorratsdatenspeicherung

JETZT ABONNENT WERDEN UND KEINE AUSGABE VERPASSEN:

Infodienst Datenschutz für Praktiker

Infodienst Datenschutz für Praktiker